Kann Quantum Computing den Klimawandel stoppen?

Von   Roman Uminski   |  Senior Key Account Manager   |  Kaufberater.io
12. Februar 2020

Das volle Ausmaß des Klimawandels und all seine Auswirkungen zu verstehen, ist eine komplexe Angelegenheit. Das Problem, das den Klimawandel verursacht, ist jedoch relativ einfach zu verstehen: In unserer Atmosphäre befindet sich zu viel Kohlendioxid. Um dieses Problem zu lösen, konzentrieren wir uns hauptsächlich darauf, wie wir die Menge an emittierten Kohlenstoff reduzieren.
Es gibt jedoch auch einen anderen Ansatz: das Entfernen des Kohlenstoffs, der sich bereits in der Atmosphäre befindet. Die Lösung dieser Aufgabe ist zurzeit kostspielig und eher theoretisch als praktisch. Durchbrüche im Bereich des Quantencomputers sind jedoch möglicherweise der Schlüssel, um Verschmutzungen schnell, effizient und effektiv aus der Atmosphäre zu entfernen.

Warum kann ein Quantencomputer die Klimaprobleme lösen?

Das Konzept des Quantencomputers ist für viele Branchen vielversprechend, von der medizinischen Forschung bis zur Wettermodellierung. Einer der Bereiche, in denen dies die positivsten Auswirkungen haben könnte, ist die Bekämpfung des Klimawandels. Das neue Computermodell würde eine Rechenleistung erzielen, die derzeit von herkömmlichen Computern nicht erreicht werden kann.

Dies eröffnet die Möglichkeit neuer Modelle und Simulationen. Damit erhalten wir neue Einblicke in eine Welt, die wir nicht sehen können. Mit Hilfe eines Quantencomputers kann es gelingen, neue Methoden zur Eindämmung und Beseitigung der Emissionen zu entwickeln, die wir mehr als ein Jahrhundert lang in die Atmosphäre geschickt haben.

Wie funktioniert ein Quantencomputer?

Um das Potenzial des Quantencomputers zu erfassen, ist es wichtig zu verstehen, was genau ein Quantencomputer ist. Herkömmliche Computer [1] verwenden Bits zum Speichern von Daten, die als eine Folge von Nullen und Einsen dargestellt werden. Ein Quantencomputer benutzt Quantenbits oder Qubits, um Informationen zu speichern.

Qubits unterliegen nicht den gleichen Beschränkungen wie ihre binären Gegenstücke. Anstatt den Wert 0 oder 1 anzunehmen kann ein Qubit gleichzeitig eine 0, eine 1 oder beides sein. Diese technische Leistung wird durch Elektronen und Photonen ermöglicht, die gleichzeitig unterschiedliche Zustände einnehmen können, solange sie nicht beobachtet werden.

In den letzten Jahren haben sich Quantencomputer aus dem Bereich der Theorie gelöst und sind immer mehr zur Realität geworden. Mitte 2019 baute Google einen Quantencomputer [2], dessen Prozessor nach Angaben des Unternehmens in nur 200 Sekunden eine Aufgabe erledigt hat, für die ein herkömmlicher Computer etwa 10000 Jahre gebraucht hätte. Auch wenn diese Angaben bisher nicht verifiziert wurden, hat sich damit eine Tür für Computer mit gigantischer Rechenleistung geöffnet.

Eine unmittelbare Auswirkung von Quantencomputern könnte darin bestehen, den Energieverbrauch von Hochleistungsrechnern zu senken. Es liegt auf der Hand, dass 40000 Prozessoren und 250 Million GB Speicher für eine Simulation mehr Energie verbrauchen, als 53 Qubits eines Quantencomputers, die die Aufgabe in 3 Minuten erledigen.

Quantenkompetenz braucht jedoch Zeit, um sich zu entwickeln. Oft fehlen Mitarbeiter, um wirkungsvolle Technik entwickeln zu können. Studiengänge wie der Masterstudiengang Quantum Engineering der ETH Zürich sollten auch an anderen Universitäten und Fachhochschulen eingeführt werden. Airbus hat beispielsweise eine Quantum Computing Challenge [3] gesponsert, um enge Beziehungen innerhalb der Quantengemeinschaft aufzubauen und Unterstützung bei der Beantwortung der wichtigsten Fragen der Luft- und Raumfahrtindustrie zu ermutigen.

Die Unsicherheiten des Klimawandels

Wir wissen, dass sich unser Planet erwärmt. Nach Angaben der National Oceanic and Atmospheric Administration [4] ist die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Erde seit dem späten 19. Jahrhundert um etwa 0,9 Grad Celsius gestiegen. Es ist auch bekannt, dass die Menschen und die Industrie in diesem Zeitraum mehr Kohlendioxid und andere Emissionen in die Atmosphäre entlassen haben als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in der Geschichte. Es gibt eine Fülle von Daten, die diese Veränderungen dokumentieren. Genug Daten, um einen wissenschaftlichen Konsens darüber zu erzielen, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel real ist.

Was wir derzeit nicht haben, ist eine zuverlässige Methode, um die Auswirkungen dieser Änderungen zu verstehen oder zukünftige Ergebnisse vorherzusagen. Wissenschaftler verfügen zwar über Computer, mit denen sie die potenziellen Veränderungen projizieren können, die der Planet aufgrund des Klimawandels erleiden könnte, diese Modelle sind jedoch weitgehend durch die traditionelle Rechenleistung begrenzt.

Viele der heutigen Wettermodelle führen häufig zu falschen Vorhersagen. Das ist meistens auf die Mängel der aktuellen Modellierungssysteme zurückzuführen. Meteorologen und Wissenschaftler haben mit den vorhandenen Instrumenten keine wirklich sichere Möglichkeit, zu prognostizieren, wie sich unsere Emissionen auf die Atmosphäre auswirken und welche langfristigen Auswirkungen sich daraus ergeben könnten.

Der Quantencomputer befindet sich heute noch im Äquivalent des Röhrenzeitalters und hat sein Transistor-Äquivalent noch nicht erreicht. Viele der zahlreichen neuen Technologien (darunter supraleitende, Ionenfallen-, Photonen- oder Silizium-basierte und topologische Technologien) erfordern noch mehr Forschung und eine gesicherte Finanzierung.

Wie Quantencomputer zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen können

Ein Quantencomputer kann die Lücke der heutigen Wettermodelle schließen. Darüber hinaus könnte er einen Schlüssel zur Lösung unseres Emissionsproblems enthalten. Da die Rechenleistung von Quantenprozessoren um ein Vielfaches höher ist als bei herkömmlichen Alternativen, können Computermodelle in Zukunft sehr viel genauer werden. Indem wir größere Datenmengen verwenden und diese Informationen sich schneller und effizienter als je zuvor verarbeiten lassen, können wir einen klareren Überblick darüber bekommen, was genau der Klimawandel auf dem Planeten bewirkt und was sich für uns am Horizont abzeichnet.

Computer mit dieser Rechenleistung können den Wissenschaftlern auch bei anderen Problemen helfen und zum Beispiel den Aufbau und die Wirkung großer komplexer Moleküle berechnen. Dieses können binäre Computer nicht effektiv leisten. Der Versuch, das Verhalten eines Moleküls mit 70 Atomen zu berechnen, würde mit herkömmlichen Computern viele Jahre benötigen.

Mit dem Quantencomputer könnten Wissenschaftler das Verhalten komplexer Moleküle genau simulieren. Das würde zum Beispiel die Möglichkeit eröffnen, genau zu verstehen, wie Kohlendioxid auf verschiedene chemische Methoden zur Reduktion reagiert. Dadurch könnten Wissenschaftler außerdem die besten Wege finden, um Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen. Sicher würden dabei auch neue Methoden entwickelt, um vorhandenen Kohlenstoff zu recyceln und wiederzuverwenden, anstatt ihn in die Atmosphäre zu entlassen.

Wenn Ingenieure und Wissenschaftler mit hinreichender Genauigkeit wissen, wie Kohlenstoff auf verschiedene Arten der Interaktion mit ihm durch Simulationen reagiert, können wir endlich Maßnahmen ergreifen, um das schädliche Gas aus unserer Atmosphäre zu entfernen. Die Abscheidung von Kohlenstoff ist seit Jahrzehnten ein Thema für Wissenschaftler. Am Horizont stehen neue Tools, mit deren Hilfe Emissionen aus der Atmosphäre genommen und als Rohstoffe wiederverwendet werden. Jüngste Durchbrüche deuten darauf hin, dass es möglich ist, Treibhausgasemissionen in eine Brennstoffquelle umzuwandeln, die Energie liefern kann.

Diese Art von technischen Entwicklungen sind kein geeigneter Ersatz für die Senkung der Emissionen und den Verzicht auf das wahllose Ablassen von Kohlendioxid und anderen schädlichen Treibhausgasen in die Atmosphäre. Sie bieten jedoch einen brauchbaren Mittelweg, um unseren derzeitigen Weg fortzusetzen. Letztlich geht es darum, die Realität des Klimawandels anzuerkennen und die drastischen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die verheerendsten Auswirkungen, die sich in Zukunft abzeichnen, zu verhindern. Quantencomputer könnten endlich die Technologie ermöglichen, die wir benötigen, um so viel Kohlenstoff wie möglich aus der Atmosphäre zu entfernen und ihn sinnvoll zu nutzen.

Fazit

Bis die Menschheit endlich eine Netto-Null-CO2-Emission erreicht, müssen wir die Auswirkungen des Klimawandels begrenzen und einen sinnvollen Weg finden, den überschüssigen Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen. Überschüssiges CO2 kann für viele andere Zwecke sinnvoll verwendet [5] werden.

Regierung und Industrie müssen ihre Anstrengungen beschleunigen, indem sie in Software, Hardware und Köpfe investieren, zu ihrem eigenen Nutzen und zum Nutzen des Planeten. Quantum Computing könnte die bestimmende Technologie der Zukunft sein. Der Klimawandel ist die entscheidende Herausforderung unserer Zeit. Es geht um nichts Geringeres als unsere Zukunft. Wir müssen alle verfügbaren (und bald verfügbaren) Tools nutzen, um diese Herausforderung zu gewinnen.

Quellen und Referenzen:

[1] https://www.technikhiwi.de/all-in-one-pc-test/

[2] https://www.ft.com/content/b9bb4e54-dbc1-11e9-8f9b-77216ebe1f17

[3] https://www.airbus.com/innovation/tech-challenges-and-competitions/airbus-quantum-computing-challenge.html

[4] https://www.ncdc.noaa.gov/sotc/global/201908

[5] https://reset.org/knowledge/co2-vom-klimakiller-zum-wertstoff-03202019

Roman Uminski unterstützt seit 2017 das international tätige digitale Verbrauchermagazin Kaufberater.io als Key Account Manager und SEO-Spezialist. Durch seine langjährige Erfahrung ist er der erste Ansprechpartner für die digitalen Kooperationen im deutschsprachigen Raum.

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