Die Digitale Reife des Human Resource Managements ermitteln

Von   Delia Schröder   |  Mitglied des Vorstands   |  Institut für Technologie und Arbeit e.V.
  Regina Osranek   |  Mitarbeiterin   |  ITA
21. Januar 2019

Wie reif ist das Personalmanagement für die Digitalisierung? Das Human Resource Management ist ein zentraler Player im digitalen Transformationsprozess, vor allem wenn es um die Umsetzung neuer Organisationsmodelle sowie die Einführung neuer Technologien und digitaler Arbeitsmittel geht. Gleichzeitig steht das HR-Management selbst vor großen Umbrüchen: Immer mehr digitale Lösungen für die zentralen Aufgaben der Personalarbeit sind auf dem Markt. Nicht nur die digitale Personalakte scheint zum Standard für Personaladministrationsprozesse zu werden, auch internetbasierte Recruitingtools z.B. können helfen, das wichtige Thema der Personalgewinnung zu modernisieren.
Wie lassen sich all diese Herausforderungen in eine Handlungsstrategie überführen? Ein erster Schritt ist die Ermittlung des digitalen Reifegrads des HR-Bereichs. Das Institut für Technologie und Arbeit, Kaiserslautern, hat in Kooperation mit der Kommunikationsagentur Fink und Fuchs, Wiesbaden, einen Bewertungsansatz entwickelt, der allen interessierten HR-Akteuren online zur Verfügung steht und eine hervorragende Grundlage liefert für eine Standortbestimmung.

Transformation der gesamten Organisation: eine Herausforderung

Der Transformationsprozess hin zu einem digitalisierten Unternehmen bringt nicht nur technologische Veränderungen mit sich, sondern auch eine Transformation der gesamten Organisation.“[1] Die Personalabteilung kann hierbei zu einem zentralen Akteur werden und in Zeiten der Digitalisierung deutlich an Einfluss gewinnen.[2] Entscheidend wird sein, sich als wertschöpfende Funktion im digitalen Transformationsprozess zu positionieren und nicht allein den Technologieabteilungen das Feld zu überlassen. Um die HR-Abteilungen auf veränderte Bedarfe der „künftig virtualisierten, digitalisierten und kollaborativen Arbeitswelten“[3] einzustellen, bedarf es also strategischer, handlungsleitender Vorgehensweisen. Es ist dringend notwendig, aktuelle Strukturen, Systeme, Arbeitsweisen und „Mindsets“ auf Tauglichkeit hin zu prüfen und Handlungsansätze abzuleiten.

Der HRM Readiness-Check Digitalisierung

Auf dem deutschsprachigen Markt sind nur wenige Instrumentarien zur (Selbst-) Bewertung für das Personalmanagement zu finden, die konkrete Ansatzpunkte für die Entwicklung digitaler HR-Strategien bieten. Hier setzt der HRM-Readiness Check Digitalisierung an. Der Check misst Kennwerte über eine Selbsteinschätzung den digitalen Reifegrad speziell des HR-Bereichs und liefert mit einem Stärken-Schwächen-Profil Grundlagen für eine Digitalisierungsstrategie und deren Umsetzung. Abgebildet sind Indikatoren sowohl zu HR-internen Prozessen als auch im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit als HR-Business Partner. Maßgeblich ist hierbei ein umfassendes Verständnis von „digitaler Reife“, das über die reine Verfügbarkeit von IT-Lösungen hinausgeht und vor allem Kernelemente der Strategie sowie der Organisationsgestaltung und -kultur mit Blick auf digital induzierte Veränderungen umfasst.

Das Human Resource Management kann mit dem Check prüfen, inwieweit die eigenen Planungen und Aktivitäten in den sechs zentralen Handlungsfeldern (Modulen) vorangeschritten und welche Potenziale vorhanden sind, um den Herausforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden.

So wird z.B. im Modul Prozesse/ IT nach dem Digitalisierungsgrad der Kernprozesse im HR-Bereich gefragt. Handlungsempfehlungen rekurrieren auf Cloudlösungen sowie Deep-Analytics zu HR-relevanten Daten aus internen Systemen oder webbasiert.

Geht es um die Rolle von HR als Change Agent, steht die Förderung von Digital Leadership im Fokus ebenso wie die Entwicklung von passgenauen, digitalisierten Qualifikationsangeboten an Mitarbeiter. Werden hier alle Möglichkeiten ausgenutzt? Die ATD-Jahreskonferenz 2017 (Association for Talent Development) in Atlanta brachte als zentrales Ergebnis hervor: Personalentwicklung vollzieht sich zunehmend selbstverantwortlich und in kleinen Häppchen via Micro- und Mobile Learning sowie auf virtuellen Plattformen für den Wissensaustausch. Als Medium für die Lernvermittlung im Mikro-Format kommen Video, Text und Infografiken in Frage, die digital zur Verfügung gestellt werden. Auf HRM kommt damit eine neue Rolle zu: Es wird immer mehr darum gehen, Wissen zu kuratieren, also nicht, möglichst viel Lerninhalte zur Verfügung zu stellen, sondern dafür zu sorgen, dass die richtigen Inhalte die richtige Zielgruppe erreichen. [4]

Der gezielte Einsatz digitaler Medien in der internen Unternehmenskommunikation steht im Check ebenfalls auf dem Prüfstand. Gefragt wird nach Formaten, Inhalten und Nutzungsgrad, um aufzuzeigen, wo ggf. noch Optimierungen möglich sind. Spannend in diesem Zusammenhang auch die Reflektion über eine sog. „slow media-Kultur“ und die aktive Rolle des HRM bei der Förderung des bewussten und achtsamen Umgangs mit digitalen Medien.

Vorgehen

Der HRM Readiness Check Digitalisierung richtet sich an das Personalmanagement von mittelständischen Unternehmen oder Niederlassungen von Großunternehmen aller Branchen. Interessenten haben die Möglichkeit einen kostenfreien Quick-Check mit rund 20 Indikatoren online auszufüllen. Anhand einer Skala von 1 bis 5 wird der Umsetzungsstand pro Handlungsfeld abgefragt und eine Selbstbewertung der Leistungsfähigkeit des HR-Bereichs ermittelt. Der Teilnehmer erhält ein individuelles Reifegradprofil, das die Indikatorenwerte auch in Relation zum Durchschnitt aller Befragten aus einer Vergleichsgruppe (z. B. Unternehmensgröße, Branche, Region) setzt. Die Erweiterung des Checks, der sog. Deep Check, liefert in Form eines erweiterten Online-Test eine Tiefenanalyse zu den unterschiedlichen Themenmodulen sowie Handlungsempfehlungen auf der Basis von guten Beispielen.

Strukturierter Praxistransfer

Auf besonderes Interesse stößt in der Regel ein Austausch zwischen den HR-Experten aus Unternehmen eines Verbandes, eines Branchenclusters oder z.B. einer IHK-Geschäftsstelle. Haben alle den Test durchgeführt und ihr individuelles Reifegradprofil erhalten, werden die Ergebnisse z.B. in einem Benchlearning-Workshop verglichen, Herausforderungen analysiert und gute Praxislösungen gemeinsam bewertet. So stellt etwa die Beteiligung der Mitarbeiter bei der Auswahl, Konfiguration und Einführung digitaler Arbeitsmittel einen zentralen Erfolgsfaktor für die Akzeptanz und den effektiven Einsatz dieser Arbeitsmittel dar. Viele Unternehmen stehen hier jedoch noch am Anfang, da die Notwendigkeit einer stärkeren Mitarbeiterpartizipation bei der Technologieeinführung oftmals nicht erkannt wird. Die HR-Abteilung kann Lösungen anbieten. Es lohnt sich daher, gute Beispiele von engagierten HR-Fachleuten kennenzulernen, wenn der eigene Punktwert diesbezüglich Handlungsbedarf anzeigt.

Fazit

Der HRM-Readiness Check Digitalisierung hilft den Personalmanagern, ein Gesamtbild auf ihre aktuelle Position im digitalen Transformationsprozess zu erhalten. Die Ableitung einer Roadmap für die Digitalisierung im Unternehmen für und mit den Beschäftigten muss schließlich jeder für sich in die Hand nehmen. Ein Anfang ist mit dem Reifegradtest jedoch gemacht.

Quellen und Referenzen

[1] Zink, K. J., Hellge, V.; Schröder, D. (2017): Führung und Organisation im digitalen Wandel. In: Schwuchow, K; Gutmann, J. (Hrsg.): Personalentwicklung. Themen, Trends, Best Practices 2017. Freiburg, München, Stuttgart, S. 159-170.

[2] Vgl. Baumgartner und Partner (Hrsg.)(2014).

[3] Baumgartner und Partner (Hrsg.)(2014): Personalstrategien neu ausrichten. In: Changeleaders. Herausforderungen der künftigen Arbeitswelten für Organisatoren, Personalmanager und Führungskräfte.

[4] Lerntrends aus den USA. Mundgerecht Lernen. In: Manager Seminare. Heft 232. Juli 2017. S. 79 ff.

Delia Schröder ist Mitglied des Vorstands am Institut für Technologie und Arbeit e. V.. Sie unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung neuer Arbeits- und Organisationskonzepte im Zuge der digitalen Transformation.

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