NarrowBand IoT – Der schlanke Einstieg ins Internet der Dinge

Von   Christoph Henkels   |  Senior Manager und Unit Leiter   |  Sopra Steria Consulting
19. Februar 2018

NarrowBand IoT (NB-IoT), Low Power Wide Area Network (LPWAN), Edge Computing oder – mit einem Hauch von Poesie – Smart Dust: All das sind Begriffe für eine relativ junge Technologie, die das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) weit nach vorne bringen kann.

NarrowBand IoT definiert einen Funkstandard für Sensoren, Konnektoren und Aktoren, die wartungsfrei und oft unabhängig von externer Stromversorgung in einem langen Leben Daten erheben und zur weiteren Verarbeitung an ein Gateway übertragen. Diese Befehlskette funktioniert auch andersherum, wenn sie von einem solchen Gateway Befehle erhalten und ausführen. NarrowBand IoT ist damit eine Schlüsseltechnologie der Mobilfunkanbieter für das Internet der Dinge.

Sensor, Konnektor, Aktor: Die Technik hinter der Technologie

Sensoren werden die meisten kennen: Es handelt sich um ein Bauteil, das Eigenschaften der Umwelt wahrnehmen kann, zum Beispiel Schall, Temperatur, Licht, Beschleunigung, Lage oder auch die chemische Zusammensetzung der Umgebung. Konnektoren sind im Grund genommen nichts anderes als Schnittstellen, die von Sensoren aufgenommene „Sinneseindrücke“ oder Messdaten in Netze einspeisen und für die Datenverarbeitung weiterleiten. Aktoren schließlich sind Bauteile, die auf Basis von Befehlen aus Computerprogrammen oder aufgrund von vorliegenden Daten bestimmte Aktionen ausführen. In der einfachsten Form funktioniert die Zusammenarbeit von Sensoren, Konnektoren und Aktoren auch direkt und ohne NB-IoT, zum Beispiel wenn ein Sensor eine bestimmte maximale Wassermenge in einem Kessel registriert, diesen Wert über einen Konnektor weiterleitet und ein Aktor dann ein Ventil schließt, wenn die Wassermenge eine bestimmte Füllhöhe überschreitet.

Hinter der Mobilfunktechnologie NarrowBand IoT agiert eine komplexe Netzwerk- und Dateninfrastruktur aus Datenbanken, Algorithmen und Dashboards, die allesamt dazu dienen, einfache sensorische Daten zu übertragen, zu speichern, zu verarbeiten und damit bestimmte Aktionen und Reaktionen hervorzurufen.

Reicht bis in den tiefsten Keller

Wer bisher über die Voraussetzungen für das Internet der Dinge gesprochen hat, meinte vor allem Breitbandverkabelung, klassische Mobilfunkverbindungen und Cloud Computing. Für einen Teil dieser Anwendungsgebiete, bei der es um die Übertragung großer Datenmengen nahezu in Echtzeit geht, ist das auch weiterhin richtig. Allerdings decken drahtlose und breitbandige Netze längst nicht alle Anwendungsszenarien ab und sind für viele Einsatzzwecke schlicht überdimensioniert.

Hier kommt NarrowBand IoT ins Spiel: Es bietet eine hohe Reichweite bis in entlegene Winkel von Gebäuden hinein („Deep Indoor“). Es unterstützt aufgrund des geringen Energiebedarfs auch einfache Geräte ohne externe Stromversorgung. Es ist wartungsarm und damit auch für Szenarien geeignet, die sich nur dann rechnen, wenn sie preiswert und wenig aufwendig aufzubauen und zu managen sind.

Diesen Vorteilen steht ein Nachteil entgegen: Der Ausbau und Betrieb der NarrowBand IoT-Netze erfolgt aktuell durch die Mobilfunkanbieter, woraus sich eine gewisse Abhängigkeit (das so genannte Vendor Lock-In) ergeben könnte, die sich allerdings nicht einfach vermeiden lässt.

Smart Home & Smart City: Hier sind schlanke Netze genau an der richtigen Stelle

Ein sehr plastisches Beispiel für die Nutzung des noch jungen NarrowBand IoT sind so genannte Smart Meter, also „intelligente Zähler“. Anders als zum Beispiel Stromzähler hängen die Uhren für Gas und Wasser nicht am Stromnetz und sind zudem oft im Keller angebracht, also dort, wo der Mobilfunkempfang nur schwach oder gar nicht möglich ist. NarrowBand-IoT-Sensoren können diese Versorgungslücke schließen und damit das so genannte Smart Home deutlich pushen.

Aber auch außerhalb des eigenen Heims ist NarrowBand IoT sinnvoll, etwa bei der Steuerung der Straßenbeleuchtung über die nun schon bekannten Bauteile: Messen Sensoren keinen Verkehr von Fußgängern oder Autos, dimmen sie Laternen oder schalten sie gleich ganz ab und helfen so beim Energiesparen. Intelligente Parksysteme sind mit der schmalbandigen Technik ebenfalls möglich, wenn Sensoren kleinräumig Informationen über freie und besetzte Parkplätze via Konnektoren etwa an elektronische Systeme weitergeben, die den Verkehr über Aktoren flexibel und damit effizienter und umweltschonender leiten. Und Mülltonnen könnten einmal die Woche ihren Füllstand melden und die Müllabfuhr erst dann bestellen, wenn die Tonne voll ist.

Gerade das letzte Beispiel zeigt, warum aufwendige Technologien für bestimmte Szenarien einfach überdimensioniert sind. Hier ist NarrowBand IoT die deutlich bessere Alternative und leistet insgesamt einen wichtigen Beitrag dazu, aus unseren Städten die Smart Cities von morgen zu machen.

Smart Industry: Internet der Dinge in Produktion und Logistik

NarrowBand IoT bietet sich auch für Unternehmen an, die das Konzept des Internet der Dinge interessant finden, aber aus Kostengründen eigene und aufwendig verwaltete IT-Infrastrukturen scheuen. Hier gibt es eine ganze Reihe von Szenarien. So lassen sich zum Beispiel in Lagerhallen Waren auf Paletten mit NB_IoT-Modulen leicht verfolgen und lokalisieren. Damit wird eine deutlich effizientere Lagerverwaltung möglich.

Über die vier Wände eines Unternehmens hinaus erlaubt die schmalbandige Verbindung zum Beispiel das Tracking von Containern, die nicht ständig, aber in einer überschaubaren Taktung ihren aktuellen Standort melden. Und – eine Nummer größer: Öl- und Gaspipelines können zur Überwachung mit Sensoren ausgestattet werden, die wichtige Informationen zu Druck und Durchflussmenge melden, um etwaige Lecks zu erkennen. Und im industriellen Internet der Dinge (IIoT) lässt sich das häufig angeführte Szenario der vorausschauenden Maschinenwartung („Predictive Maintenance“) über energiearme Sensoren und Datenübertragung sehr viel einfacher realisieren als über selbst betriebene Breitband- oder drahtlose Netze. Allerdings bleibt bei unternehmenskritischen Prozessen das generelle Problem von Funknetzen erhalten: Signale können prinzipiell durch externe Störungen („Jamming“) unterbrochen werden und erreichen damit nicht für jeden Anwendungsbereich die notwendige Zuverlässigkeit. Aber dafür wird es voraussichtlich im Rahmen des Ausbaus von 5G Lösungen geben.

Die Zukunft: NarrowBand IoT ebnet der Mobilfunktechnik der 5. Generation (5G) den Weg

Auch wenn NB-IoT noch auf die Mobilfunktechnik der 4. Generation (LTE) aufsetzt, gilt die Technologie bereits heute als Einstieg in die leistungsfähigen 5G-Netze, für die schon bald die Versteigerung der Funklizenzen durch die Bundesregierung begonnen werden wird.

In 5G-Netzen werden spezialisierte Teilnetze, so genannte Slices, zur Verfügung gestellt, die möglichst gut auf die Anforderungen der jeweiligen Anwendungen angepasst sind. Das Slice für IoT in Mobilfunknetzen wird als „Massive Machine Communication“ bezeichnet. Es unterstützt bis zu einer Million Geräte pro Quadratkilometer Fläche(!). Zudem können solche Geräte bis zu zehn Jahre unabhängig von einer externen Stromversorgung agieren.

Schon diese beiden Daten machen deutlich, wie sehr sich NB-IoT für nahezu beliebige unaufwendige Szenarien rund um das Internet der Dinge anbietet, wenn nicht sogar aufdrängt. Gleichzeitig öffnet 5G in naher Zukunft das Mobilfunknetz aber auch für energie- und datenhungrigere Anwendungen: 5G wird eine um den Faktor 100 höhere Datenrate als heutige LTE-Netze ermöglichen, im Maximum also bis zu 10.000 MBit/s, es hat eine rund 1.000fach höhere Kapazität und kann weltweit 100 Milliarden Mobilfunkgeräte gleichzeitig ansprechen – und das je nach Slice bei extrem niedrigen Latenzzeiten von bis zu einer Millisekunde. Diese an sich schon beeindruckenden Werte werden durch die Energiebilanz noch getoppt: Pro übertragenem Bit beträgt der Energieverbrauch gerade einmal 1/1000 des bisherigen Energieeinsatzes, so dass sich in der Summe der Stromverbrauch für das IoT-Netz um satte 90 Prozent reduzieren lässt.

Fazit: Das bisherige Internet der Dinge über Breitbandnetze und die Cloud war in den vergangenen Jahren bereits ein echter Game Changer in der Debatte um die Möglichkeiten moderner Technologien. Aber erst mit dem schmalbandigen, fast allgegenwärtigen und energiearmen NarrowBand IoT wird die Vernetzung einer beliebigen Zahl von Alltagsgegenständen, Produktionsmitteln und Sensoren tatsächlich mit vertretbarem Aufwand möglich. Das wird uns auf dem Weg zu Smart Homes, Smart Cities und Smart Industries deutlich nach vorne bringen.

Christoph Henkels ist Business Line Manager für Digitalisierung in Bereich Telecommunications|Media|Entertainment bei Sopra Steria Consulting. Er ist Experte für aktuelle und aufkommende Technologien in der Telekommunikatios- und Medienindustrie. Sein Spezialgebiet: Digitalisierung und Automatisierung von Kommunikationsinfrastrukturen.

Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.

21253

share

Artikel teilen

Top Artikel

Ähnliche Artikel