Blockchain – Vielversprechender Baustein für eine digitale Welt

Von   Michael Eitelwein   |  Head of Group Enterprise Architecture   |  Allianz SE
24. Juli 2017

Was steckt hinter Blockchain?

Stellen Sie sich vor, Sie würden mit einem Klick einen Gebrauchtwagen kaufen, die Eigentumsübertragung durchführen, den Kaufbetrag bezahlen, das Fahrzeug versichern und bei den Behörden anmelden – alles in nur einem Schritt. Das Nummernschild würde direkt am nächsten Tag per Kurier geliefert werden. Blockchain ist die erste Technologie, mit der so etwas verwirklicht werden könnte.

Technisch gesehen ist Blockchain eine verteilte Datenbank, in der Transaktionen erfasst werden. Man kann sie sich als ein digitales, offen einsehbares Hauptbuch vorstellen. Die meisten Hauptbücher werden heute privat über vertrauenswürdige Dritte, wie z.B. Banken oder Clearingstellen, geführt, die sicherstellen, dass sich alle Vertragsparteien an die geschäftlichen Abmachungen halten und das Hauptbuch konsistent ist.

Die Blockchain Technologie ermöglicht nun, ein Hauptbuch in einem Peer-to-Peer-Netzwerk zu führen, ohne dass eine der oben genannten Drittparteien beteiligt werden muss. Das Hauptbuch ist auf alle teilnehmenden Computer der Peers verteilt und die Algorithmen der Blockchain stellen Integrität und Unveränderlichkeit der Transaktionen sicher, ohne dass es einer dedizierten Aufsicht bedarf.

Die Transaktionen werden dabei an alle Teilnehmer des Peer-to-Peer Netzes weitergeleitet. Kryptographische Verfahren stellen sicher, dass die Integrität des Hauptbuchs von allen geprüft werden kann, die Details der Transaktion jedoch nur für die daran beteiligten Parteien sichtbar sind. Bisher haben wir unsere Hauptbücher immer unter Verschluss gehalten. Nun werden sie öffentlich gemacht – auf digitalem Wege.

Die Erfassung von Transaktionen ist für den reibungslosen Ablauf von wirtschaftlichen Prozessen von zentraler Bedeutung. Heutzutage werden noch immer viele Transaktionen in voneinander abgegrenzten Systemen vermerkt und erfordern einen permanenten Abgleich zwischen den verschiedenen Beteiligten. Sehr oft findet dieser Abgleich noch manuell statt und ist entsprechend zeit- und kostenintensiv.

Blockchain macht es möglich, diese Transaktionen nicht nur digital durchzuführen sondern auch in einem gemeinsamen, verteilten System vorzuhalten. Aufwändige Prozesse zum Abgleichen separat geführter Hauptbücher und Bestände können so entfallen. Deswegen auch  der Hype um Blockchain: Er besteht aus der Erwartung, dass sie eine neue Digitalisierungswelle von Geschäftsmodellen auslösen wird, insbesondere wenn es um Eigentumsübertragungen geht.

Blockchain bringt analoges in die digitale Welt, indem Besitz wirksam digital übertragen werden kann.Welche Vorteile hat Blockchain?

Blockchain wird zu einer Verbesserung der Verkaufserfahrung beitragen. Die Technologie ermöglicht vollständig digitale und transparente Transaktionen und sorgt somit für eine bequemere und schnellere Geschäftsabwicklung.

Bei der Allianz haben wir uns von dieser Vision inspirieren lassen. Wir führten erste Versuche durch, um zu sehen, welche Vorteile dies unseren Kunden bringen könnte. Nach ersten Machbarkeitsstudien haben wir mit Branchenkollegen eine Initiative ins Leben gerufen, die Blockchain Insurance Industry Initiative (B3i).

Die erste Fallstudie von B3i befasst sich mit einem B2B-Szenario zur Vereinfachung der Verwaltung und Abwicklung von Rückversicherungsverträgen. Solche Verträge sind eine der Möglichkeiten, die Versicherungsunternehmen haben, um sich gegen extreme Risiken, wie z.B. Erdbeben oder Wirbelstürme, abzusichern. Oftmals sind viele Parteien an einem solchen Vertrag beteiligt und der direkte Nutzen durch Blockchain besteht darin, dass sich die für die Vertragsabwicklung benötigte Zeit auf Sekunden reduziert. Dies sorgt für  wesentlich schnellere und komfortablere  Prozesse.

Durch geteilten Zugriff lassen sich Zeiten, die Prozesse in Anspruch nehmen, verkürzen.Ein vielversprechender Baustein für eine digitale Welt

Die Vorteile von Blockchain beschränken sich jedoch nicht nur darauf, die Effizienz von Unternehmen zu erhöhen und Kunden besser zu bedienen. Mit Blockchain lassen sich durch die Bereitstellung eines universellen, nicht manipulierbaren Systems digitaler Identitäten auch die Hürden für die finanzielle Inklusion abbauen. Dies ist besonders für Schwellenländer relevant.

Möglicherweise gehören Sie zu den 70 Prozent der Weltbevölkerung, die zwar eigenes Land besitzen, jedoch über keine Rechtsmittel verfügen, um den entsprechenden Anspruch geltend zu machen, da die staatlichen Aufzeichnungen unzuverlässig oder – was noch schlimmer ist – nicht vollstreckbar sind. Mit Blockchain können digitale Kataster eingerichtet werden, die Ihren Eigentumstitel verlässlich bestätigen können, weil sie offen, transparent und nicht manipulierbar sind. Und daraus ergeben sich enorme wirtschaftliche Chancen.

Unter Umständen leben Sie in Deutschland und besitzen Sonnenkollektoren zur Erzeugung umweltfreundlichen Stroms. Anstatt die Energie zu einem geringen Preis wieder zurück ins Stromnetz einzuspeisen, möchten Sie irgendwann lieber zu Marktpreisen an Ihren Nachbarn verkaufen. Dank Blockchain könnten Sie mit Ihren Nachbarn solche Peer-to-Peer-Transaktionen durchführen, ohne dass ein Dritter vermitteln muss.

Das Internet ist eine globale Infrastruktur, um Informationen effizient zu vervielfältigen und zu verteilen. Nun steht mit Blockchain Algorithmen eine IT-Innovation am Start, die uns eine universelle Infrastruktur zur effizienten und sicheren Abwicklung von Transaktionen verspricht. Es stehen schier grenzenlose Anwendungsmöglichkeiten zur Verfügung, die es sich zu erkunden lohnt.

Michael Eitelwein leitet die Unternehmensarchitektur der Allianz Gruppe, die mit einem holistischen Architekturansatz über Produkte, Organisation, Plattformen und Daten hinweg die Allianz auf die Anforderungen einer digitalen Zukunft ausrichtet. Dazu gehört seit 2013 vermehrt auch die Einführung neuer Technologien, wie z.B. Big Data, Internet of Things, Natural Language Processing oder auch Blockchain. Er absolvierte ein Diplomstudium der Elektrotechnik am Karlsruhe Institute of Technology, sammelte Startup-Erfahrungen in der Halbleiterbranche im Silicon Valley, begleitete als CIO die Globalisierung der Chemieindustrie und ist seit 2009 für die Allianz Gruppe tätig.

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