Revolutioniert Blockchain das Bezahlen der Zukunft?

Von   Dr. Florian Gawlas   |  Technology Director   |  G+D Mobile Security GmbH
30. August 2017

Bitcoin & Co werden häufig auch als Digitalisierung des Geldes bezeichnet. Die Begrifflichkeit kann jedoch verwirren, denn Geld war mit das Erste, das in den 1950er Jahren in Form von Buchgeld bzw. Giralgeld digitalisiert wurde. Was genau ist also neu an Bitcoin & Co und wie grenzt es sich von dem Altbekannten ab?
Das etablierte Finanzsystem basiert zu einem großen Teil auf Konten. Sei es auf der Basis von Bankkonten der Kunden bei den Geschäftsbanken oder der Einlagen der Geschäftsbanken bei den Zentralbanken. Teilweise sind die Konten für den Nutzer nicht sichtbar, wie beispielsweise bei der Geldkarte. Der Bezahlvorgang wird zwar über die Karte initiiert, die eigentliche Verrechnung, d.h. der Geldtransfer findet aber über ein Börsenverrechnungskonto im Hintergrund – sogar zeitverzögert – statt, was der Nutzer allerdings nicht merkt.

Revolutionär neu bei dem Gedanken der Blockchain-Technologie ist die Loslösung des Bezahlens von der Struktur des etablierten Finanzsystems. Digital Community Money (Bitcoin & Co) ist der erste selbst-organisierte Versuch ein neues digitales Geld einzuführen. Die Konten werden dabei auf vielen Rechnern repliziert gespeichert. Jede Privatperson kann dabei einen Rechner im Netzwerk betreiben. Diese Innovation war als Antwort auf die Probleme der etablierten Finanzinstitute in der Finanzkrise 2009 entwickelt worden, mit dem Ziel ein freies, von niemandem kontrollierbares Geld einzuführen. Mittlerweile untersuchen aber auch viele Regierungen und Zentralbanken die Einsatzmöglichkeiten von regulierten Versionen einer Blockchain basierten Währung, einer sogenannten Digital Currency. Darüber hinaus evaluieren einige Zentralbanken (z.B. Bank of England, Bank of Canada) die Optimierung der Interbanken-Systeme durch die Blockchain-Technologie.

Digital Community Moneys unterliegen starken Kursschwankungen

Digital Community Moneys feierten in der ersten Jahreshälfte 2017 einen großen Erfolg. Die Marktkapitalisierung der mehr als 800 Digital Community Moneys betrug zur Jahresmitte 2017 fast 100 Milliarden US-Dollar. Bitcoin hat dabei einen Marktanteil von über 40 %. Das ist zwar verschwindend gering im Vergleich zur z.B. M1-Geldmenge in Höhe von 33 Billionen US-Dollar allein im Raum der durch die G20 vertretenen Staaten, aber groß für eine Technologie, die ihren Ursprung in einer pseudonymen neun-seitigen Veröffentlichung aus dem Jahr 2008 hat.

Die Schattenseiten des starken Wachstums sind allerdings stark schwankende Wechselkurse zu regulierten stabilen Währungen wie dem US Dollar oder dem Euro. Was für risikofreudige Investoren interessant sein mag, ist für Bezahlvorgänge normaler Konsumenten, oder gar für eine Volkswirtschaft ungeeignet. Fast alle Angebote mit Digital Community Moneys zu bezahlen verliefen sich nach anfänglicher Euphorie schnell in der Bedeutungslosigkeit. Dies war der Fall als der Internet-Händler Overstock im Jahr 2014 damit begann, Bitcoin als Bezahlmittel zu akzeptieren oder als die Schweizer Stadt Zug im Jahr 2016 Bitcoin als Bezahlmittel für Gebühren einführte. In beiden Fällen war die Resonanz in der Presse groß, aber die Nachfrage nur von kurzer Dauer. Die Tatsache, dass es immer noch eine Pressemeldung wert ist, wenn irgendwo Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptiert wird, demonstriert, dass diese Verfahren noch nicht etabliert sind.

Sind Digital Currencies die Lösung für das Bezahlen der Zukunft ?

Auch wenn sich die meisten Zentralbanken aktuell mit dem Thema der Digital Currencies beschäftigen, gibt es bis heute wenig konkrete Pläne, ein solches Geld tatsächlich auch einzuführen, da die Komplexität hoch ist und zusätzliche Risiken birgt.

Die Attraktivität einer Digital Currency für eine Zentralbank besteht unter anderem darin, die Bürger auf dem Weg in die Digitalisierung zu begleiten. Eine Digital Currency für die breite Masse wäre eine regulierte Alternative zu einem Digital Community Money und erlaubt zusätzlich Menschen ohne Bankkonto in die Welt der digitalen Dienstleistungen zu integrieren.
Andererseits könnte durch die Einführen einer Digital Currency den Zentralbanken eine neue Rolle zukommen. Entspräche eine Digital Currency einer digitalen Form des Bargelds, könnten sich viele Bürger entscheiden, ihr Geld in Form der Digital Currency direkt bei der Zentralbank zu halten anstatt auf einem Girokonto. Ein ähnliches Verhalten der Bürger sieht man in Krisenzeiten heute auch mit privaten Bargeldreserven. Die Position der Geschäftsbanken würde dadurch geschwächt. Daran hat aber in einer freien Marktwirtschaft der Staat kein Interesse.

Wird Blockchain dann beim Bezahlen der Zukunft keine Rolle spielen ?

Blockchain basierte Bezahlsysteme in Form von Digital Community Money oder auch Digital Currencies werden vor allem – wenn sie auf den Bedarf skalierbar sind – dort eine wichtige Rolle spielen können, wo sie eine echte Lösung für sich geänderte Bedürfnisse bieten. Solche Änderungen können sich unter anderem ergeben, wenn Maschinen von anderen Maschinen Dienstleistungen entgegen nehmen und dafür kleine Geldbeträge fällig werden oder wenn von Konsumenten zunehmend kleine Geldbeträge im eCommerce verlangt werden, sogenannte Micro- oder Nano- Payments. Neben der Möglichkeit, die Geldströme über die Bankkonten der Maschinen-Besitzer zu lenken, konkurrieren hier heute schon Varianten auf der Basis von Digital Community Moneys um die beste Lösung.

Weiterentwicklungen der Blockchain Technologie haben das Potenzial das Bezahlen in neu entstehenden Märkten wie Smart Contracts, Internet of Things, aber auch im Bereich des Micro-Payments zu verändern. Im Falle der klassischen Bezahlverfahren zwischen Konsumenten und Händlern wird ein Durchbruch der Technologie aber wesentlich weniger wahrscheinlich sein.

Dr. Florian Gawlas fördert in seiner Rolle als Technology Director bei der G+D Mobile Security GmbH Innovations- und Technologiethemen im Bereich der mobilen Sicherheit.Vor seiner Tätigkeit im Technology Office von G+D war er als in-house Technology Consultant für Sicherheitszertifizierungen zuständig und vertrat G+D in verschiedenen Standardisierungsgremien. Er ist Autor verschiedener Artikel zum Thema Datensicherheit.

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