Das Internet der Dinge im Versicherungsbereich

Von   Steffen Krotsch   |  Head of Sales Allianz Segment   |  Allianz Partners S.A.S.
2. März 2018

IoT ist da – wirklich?

Auf dem Weg zum Internet der Dinge (Internet of Things oder IoT) – bis 2025 werden 25 Milliarden Geräte weltweit vernetzt sein. [1] Auch für Versicherer klingen die Anwendungsfelder in der Theorie mehr als einleuchtend: mit vernetzten Häusern, Autos und sogenannten „Wearables“ kann der Versicherer bereits vor Eintritt eines Unfalls, eines Brandes oder einer chronischen Krankheit präventiv Einfluss nehmen, anstatt lediglich den entstandenen Schaden zu begleichen. Zudem können bestimmte Schadenfälle gänzlich vermieden sowie Kundenbedürfnisse besser erfasst werden, wodurch der Versicherer die Chance hat, öfter mit seinen Kunden in Kontakt zu treten. Zusammengefasst werden durch das Internet der Dinge kundennähere, erlebbarere, kostengünstigere und auch profitablere Versicherungen ermöglicht.

Warum hat sich das Internet der Dinge jedoch immer noch nicht etabliert und warum befinden sich auch die genannten Anwendungsfelder teilweise noch in den Kinderschuhen, obwohl vernetzte Häuser und auch Telematik im Fahrzeug zum Teil bereits seit Jahrzehnten möglich sind?

Phase 1 – Vernetzte Dinge und die klassische Versicherung

Versicherer, wie auch die Allianz, vermarkten seit einigen Jahren Versicherungsprodukte mit einem integrierten vernetzten Gerät. So werden beispielsweise Telematiktarife in der Auto- oder der Gebäudeversicherung angeboten, die aus einer klassischen Versicherungspolice, einem vernetzten Gerät und/oder einer App bestehen. Meist sind die Tarife auf bestimmte Zielgruppen, wie z.B. Fahranfänger oder bestimmte Risikogebiete, zugeschnitten und bieten Rabatte, wenn der Kunde das vernetzte Gerät installiert.

Das Geschäftsmodell funktioniert gut, wenn die Vernetzung einen hohen Hebel auf die Schadenkosten hat, z.B. durch vermiedene Unfälle oder Diebstähle in bestimmten Zielgruppen. Für die Breite des Geschäfts sind jedoch die zusätzlichen Kosten für das Gerät sowie der vom Kunden erwartete Rabatt in Summe vielfach zu hoch, um durch im Mittel geringere Schadenkosten gedeckt zu werden. Im Gegenzug sieht die Mehrzahl der Kunden bisher auch keinen Anreiz, einen höheren Preis für diese Produkte zu zahlen, oder die vernetzten Geräte aus eigener Tasche zu finanzieren. Dazu kommt, dass viele Kunden Bedenken bezüglich der Datensicherheit und der Privatsphäre haben und sich auch schon deshalb nicht für derartige Produkte entscheiden.

Phase 2 – Neue Geschäftsmodelle

Wird damit das Internet der Dinge für immer reduziert sein auf Anwendungsfälle für ausgewählte Zielgruppen?

Keineswegs, denn neue Geschäftsmodelle werden das Internet der Dinge und die Anwendungsfälle in hohen Kundennutzen übersetzen und damit viele der Barrieren ausradieren. Hierbei spielen drei Entwicklungsfelder eine entscheidende Rolle: 1. Aggregation von vernetzten Geräten, 2. Integrierte und On-Demand Produkte sowie 3. Ökosysteme und Plattformen.

Aggregation von vernetzten Geräten: wenn alle Geräte zu Hause vernetzt sind, möchte kein Kunde eine Vielzahl verschiedener Apps bedienen, um die Geräte zu steuern. Kunden wünschen sich eine einheitliche Bedienoberfläche oder Sprachsteuerung über alle Geräte hinweg. Amazon Echo Plus bietet bereits eine derartige Integrationsschicht und auch die Allianz arbeitet an einer Smart Home Lösung, die die Geräte vieler Hersteller auf einfache Weise aggregiert.

Integrierte und On-Demand Produkte: in Phase 1 war der Ausgangspunkt stets eine Versicherung, die um vernetzte Geräte erweitert wird. Der umgekehrte Fall ist mindestens ebenso interessant: im vernetzten Gerät ist eine Versicherung eingebaut, quasi „Intel inside“ für die Versicherung. Erste Produkte aus dieser Kategorie sind bereits in einigen Märkten verfügbar, wie z.B. Neos in England oder Cozify/LocalTapiola in Finnland. Auch On-Demand Tarife sind in diesem Zusammenhang zu nennen Dies sind Versicherungen, die nur aktiv werden, wenn der versicherte Gegenstand genutzt wird, z.B. „pay as you drive (PAYD)“ – ermöglicht durch eine Vernetzung der Dinge.

Ökosysteme und Plattformen: Plattform-Geschäftsmodelle wie sie AirBnB, Uber oder WeChat nutzen und Ökosysteme rund um gewisse Themenbereiche wie beispielsweise Mobilität halten zunehmend auch in der Welt der Versicherungsunternehmen Einzug. So hat die Allianz vor kurzem angekündigt, Teile der Kernsysteme als Open Source anzubieten, um ein Versicherungs-Ökosystem zu ermöglichen. Kernpunkt ist dabei, den Kunden noch umfassender betreuen zu können und die Versicherungsprodukte für Kunden noch lebensnaher zu machen, z.B. durch einen Service-Marktplatz rund um die Themen Wohnen, Gesundheit oder Mobilität. Und natürlich spielen vernetzte Geräte jeweils eine tragende Rolle.

Das Internet der Dinge ist also noch nicht ganz da, zumindest hat es aus verschiedenen Gründen die breite Masse der Menschen noch nicht erreicht. Aber es wird kommen, getragen von neuen Geschäftsmodellen mit hohem Kundennutzen – auch und gerade im Versicherungsbereich.

Quellen:
[1] IHS Quarterly, Q1 2014, The Internet of Things Episodes.

Steffen Krotsch ist Diplomingenieur für Informationstechnik, MBA (Insead) und promoviert in Wirtschaftswissenschaften. Er ist Head of Sales Allianz Segment bei Allianz Partners S.A.S. seit Oktober 2016. Zuvor war Steffen Krotsch Head of Innovation bei Allianz Worldwide Partners S.A.S. und Bereichsleiter Operations in der Allianz Deutschland AG. Bevor er in 2009 zur Allianz kam, arbeitete er bei der Dresdner Bank AG und Accenture.

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