Quantified Self – Kann Technologie uns helfen, uns zu entspannen?

Von   DIGITALE WELT Magazin   |  Autor   |  Digitale Welt Magazin
23. November 2016

Kennen Sie das? Unendliche Bürostunden und dann die Kids, die noch Gute-Nacht-Geschichten hören wollen. Sind die Schreihälse endlich im Bett, richtet sich die Aufmerksamkeit auf den Flachbildschirm, wo man von internationale Krisen berieselt wird: Türkei, russische Dopingskandale, Nizza und Donald Trump – die Liste reißt nicht ab. Burnouts sind bei manchem dann auch die Konsequenz dieser endlos-Schleife.
Ich weiß nicht, ob Sie Meditation in Zeiten wie diesen schon einmal getestet haben, um dem Wildwuchs ihrer Gedanken Einhalt zu gebieten. Falls Sie aber so ticken wie der Rest von uns, dann haben Sie es vielleicht sogar einmal ausprobiert. Vielleicht in einem Seminar oder gar nach der Lektüre eines Achtsamkeits-Buches. Und haben es mit großer Wahrscheinlichkeit genauso schnell wieder aufgegeben, weil Sie es nicht als langfristige Gewohnheit wie das Zähneputzen etablieren konnten.

Das Frustrierende am Meditieren ist, dass man nicht wirklich weiß, ob man Fortschritte macht. Wir haben vielleicht ein Gefühl, aber keine harten Daten. Und auch wenn es mittlerweile viele wissenschaftliche Studien gibt, die die Effektivität und langfristigen Vorteile von Meditations-Techniken belegen, haben wir kaum Belege dafür, ob die 20-minütige tägliche Achtsamkeits-Sitzung wirklich nützlich für unser persönliches Alltagsleben ist.

Hier kommt Muse und will Abhilfe schaffen. Muse, ein Gadget der Firma Interaxon, reiht sich in einen Trend ein, der mittlerweile als „Quantified Self“ bezeichnet wird. Beim Quantified Self geht es um die sogenannte Selbstvermessung. Smart watches, technologie-getriebene Fittnessanzüge und Fitnesstracker machen es heute möglich, Daten über uns selbst zu sammeln und diese zur Optimierung unserer Ernährung, unserer Sportbemühungen und unseres Schlafes zu nutzen. Dieses Optimierungspotential bietet auch Muse, indem es über ein Kopfband Gehirnwellen beim Meditieren misst und uns so ständig Feedback gibt, ob unsere Bemühungen tatsächlich Früchte tragen oder nicht. Und auch wenn man beim Tragen des Gerätes eher den Anschein einer aus dem Minority Report oder Star Treck kommenden Persönlichkeit erweckt, verspricht die Anwendung einige interessante Nutzungsszenarien.

Das Headband trackt die elektrische Aktivität in unserem Gehirn (EEG) und schickt diese über Bluetooth zu einer App, die man vor dem Meditieren herunterlädt. Um es auf den Punkt zu bringen: Die App nimmt uns auf eine Meditations-Reise mit, samt Meeresgeräuschen im Hintergrund. Wenn Ihr Gehirn sehr aktiv ist und Sie zu viel denken, dann wird das Tosen lauter. Sind Sie dagegen sehr ruhig, sinkt die Häufigkeit der Wellenbewegungen deutlich ab. Diese Technologie, die auch Neuro-Feedback genannt wird, ist nicht wirklich neu und ihre Effektivität ist bereits in zahlreichen Studien, zum Beispiel bei Kids mit Aufmerksamkeitsstörungen nachgewiesen. Allerdings ist das Produkt Muse in seiner Kombination aus Neurofeedback, Meditationsübungen und App-Tracking eine absolute Innovation.

Nachdem ich einige Bewertungen aus den USA gelesen hatte, war ich neugierig und legte mir das Gadget zu. Das Setup war relativ intuitiv. Ab und zu streikte die Bluetooth-Verbindung, aber funktionierte ansonsten ohne Probleme. Nach dem Aufsetzen begann ich zu meditieren und mein Gehirn bekam direktes Feedback zum Status meines Entspannungsgrades. Nach einer 10-minütigen Session kann man dann direkt seine Daten einsehen. Und das ist das wirklich Spannende: Über einen Zeitraum von Wochen und Monaten beobachtet man, wie man sich Stück für Stück in seinen Entspannungsübungen verbessert. Dieses Gamification-Element macht die App erst wirklich reizvoll, da man sozusagen mit sich selbst in den Wettbewerb tritt.

Auch wenn dieses „mit sich selbst zu wetteifern“ ja eigentlich dem Grundgedanken der Meditation widerspricht, bemerkte ich dennoch eine deutlich höhere Motivation, meine Meditations-Sitzungen fortzusetzen als ohne die technologische Stütze. Man entwickelt so gewissermaßen eine Gewohnheit, was eine zentrale Voraussetzung ist, um nachhaltig von den Vorteilen des Meditierens profitieren zu können. Mittlerweile habe ich diese Gewohnheit als täglichen Mechanismus in mein Leben integriert und benötige so die Technik-Stütze nicht mehr.

Markus Lühe
CEO und Gründer Year of the X

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